Steueraspekte bei multipler Ansässigkeit
Immer mehr Personen wohnen gleichzeitig in zwei Ländern, etwa weil sie in einem arbeiten und im anderen die Freizeit verbringen oder als Nichterwerbstätige sich ungefähr hälftig in zwei Staaten aufhalten (im Steuerjargon sog. „Mallorca-Rentner“). So kann der Fall eintreten, dass sie aufgrund der nationalen Steuernormen in mehreren Ländern unbeschränkt steuerpflichtig werden. Wenn zwei Länder, die untereinander ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen haben, unlimitiert zur Steuerkasse bitten wollen, entscheiden bezüglich der grundsätzlichen Zuteilung der Besteuerungsrechte sog. Tie-Breaker-Regeln, die zumeist in Artikel 4 eines DBA zu finden sind und sich vielfach am selben Artikel des von der OECD publizierten Musterabkommen (OECD-MA) orientieren.
Die Ausscheidungsregeln des OECD-MA für natürliche Personen, die in den meisten DBAs tel quel übernommen sind, statuieren zunächst die Ansässigkeit in jenem Staate, in dem eine betroffene Person über eine ständige Wohnstätte verfügt. Sind solche Wohnstätten in beiden Staaten vorhanden, dann wird die Ansässigkeit dem Staate, zu dem die Person die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (sog. Mittelpunkt der Lebensinteressen) zugeordnet. Kann dieser Mittelpunkt nicht determiniert werden, wird als weiterer Tie-Breaker der gewöhnliche Aufenthalt herangezogen. Ist auch hier eine Pattsituation festzustellen, kommt schliesslich die Nationalität zu tragen. Ist eine Person Staatsangehöriger beider Staaten oder keines der Staaten, so regeln die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten die die Frage einvernehmlich.
In der Praxis ist die Determinierung der Kriterien Wohnstätte, Aufenthalt und Nationalität i.d.R. wenig problembehaftet. Anderes gilt für den Lebensmittelpunkt. Der offene DBA-Text („engere persönliche und wirtschaftliche Beziehungen“) lässt breiten Interpretationsspielraum zu, wovon die fortwährende Entwicklung des Kommentars zum OECD-MA, die Praktiken nationaler Steuerbehörden und die in fast allen DBA-Ländern häufigen Gerichtsurteile zum Thema zeugen. Sicher scheint, dass es zur Bestimmung des Lebensmittelpunktes jeweils einer Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles bedarf, worin etwa familiäre Anbindungen, berufliche Tätigkeiten und deren Einnahmeflüsse, sonstige Beschäftigungen (etwa politische, kulturelle oder sportliche Aktivitäten) sowie Vermögensaspekte (z.B. Grösse von Immobilien, Ort der Vermögenshaltung, etc.) einfliessen. Prinzipiell werden dabei bei Familien (d.h. bei der Existenz von Ehegatten und Kindern) die familiären Banden höher gewichtet als die übrigen Aspekte, bei Einzelpersonen sind dagegen berufliche Gegebenheiten und die Einkommens- und Vermögensseite von prägender Bedeutung.
Unsere Auswanderungsberatung Emigration Now hat breite Erfahrung im Empfehlen von (effektiven) Lebensgestaltungen, die bei Doppelansässigkeit eventuell zu favorablen Lösungen führen können und spätere Streitigkeiten mit den Behörden prävenieren sollten. Hierüber informieren wir bezüglich aller DBA-Länder in Orientierungsgesprächen. Ebenso können dieselben Thematiken hinsichtlich „Doppelwohnsitzen“ sowohl in der Schweiz als auch in Ländern oder Steuerhoheiten, die mit der Eidgenossenschaft keine DBA führen, beleuchtet werden.
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