Die meisten Steuerhoheiten erläutern die Voraussetzungen zur umfassenden, sich vielfach am Welteinkommens- und gegebenenfalls am Weltvermögensprinzip orientierenden Steuerzugehörigkeit in den ersten Artikeln ihrer nationalen Steuerrechte. Häufigste Anknüpfungspunkte sind hierbei physische Aufenthaltsdauern, Lebensmittelpunktbetrachtungen oder Erwägungen zu lokalen wirtschaftlichen Interessen. Die Ausgestaltungen reichen von simplen Aufenthaltsdefinitionen bis hin zu differenzierten Voraussetzungsformulierungen und fallen daher recht unterschiedlich aus, manchmal gar überraschend. So dürfte z.B. schon mancher ausländischer Steuerpflichtiger in der Schweiz unwissentliche unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sein. Denn im Alpenland begründet sich die steuerliche Ansässigkeit bereits bei einer Landesanwesenheit von 30 Tagen mit Erwerbstätigkeit bzw. 90 Tagen ohne Erwerbstätigkeit je Kalenderjahr (steuerrechtlicher Aufenthalt). Hauptangelpunkt ist nach helvetischem Recht indes der Wohnsitz, der sich am zivilrechtlichen Pendant orientiert. Demnach ist der Wohnsitz dort, wo sich eine Person mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält und der Mittelpunkt der persönlichen und wirtschaftlichen Interessen bestritten wird. Da in helvetischen Gefilden auch auf kantonaler und kommunaler Ebene Steuern erhoben werden, findet der Wohnsitzbegriff nicht nur in internationaler Abgrenzung, sondern auch im interkantonalen und zwischengemeindlichen Verhältnis regulatorische Anwendung. Im Vordergrund stehen dabei der Familienort und subsidiär der Arbeitsort, so dass in den allermeisten Fällen die Lokalisierung des Steuerwohnsitzes am Wohn- und Familienort klar am ist.
Daneben werden diverse eigengeregelte Spezialsituationen berücksichtigt, so der Wochenaufenthalt (z.B. Arbeit unter der Woche in einem Kanton und Rückkehr zur in einem anderen Kanton wohnhaften Familie an Wochenendenden und zu Ferienzeiten: Besteuerung am Familienort, ausser für leitende Angestellte, die am Arbeitsort belastet werden), der alternierende Wohnsitz (in etwa hälftigen Aufenthalt in zwei Kantonen mit Teilung des Steuersubstrats zwischen den Kantonen) oder der getrennte Wohnsitz von Eheleuten. Angesichts der sich aus den teils erheblichen interkantonalen und interkommunalen Steuerbelastungsunterscheiden ergebenden Gestaltungsmassnahmen (Ansiedlung bzw. Anmeldung im steuergünstigen Kanton) kommt es bei diesen Spezialfällen ebenso wie bei Abgrenzungsfragen in Auslandssachverhalten (Abmeldung ins Ausland, internationaler Wochenaufenthalt, international getrennte Wohnsitze von Ehepaaren) recht häufig zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Fiskus und den Pflichtigen, so dass schweizerische Gerichte regelmässig mit Abwägungsentscheidungen beschäftigt sind.
Auch deutsche Gerichte kümmern sich immer wieder um Fragen der unbeschränkten Steuerpflicht. In Deutschland determiniert sich hauptsächlich durch den Wohnsitz (nach Abgabenordnung der Ort, wo eine Person eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird) sowie durch den gewöhnlichen Aufenthalt (gegeben, falls Umstände erkennen lassen, dass eine Person ohne Wohnsitz in Deutschland dort nur vorübergehend verweilt, was bei einem zeitlich zusammenhängenden Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer sicherlich gegeben ist) . Etliche Urteile hierzu wurden in den vergangenen Jahren in markt-intern-Publikationen beleuchtet. Einige Fälle fanden gar in der Boulevardpresse Publizität, so etwa die Causa eines in Monaco domizilierten Tennisspielers, der einen Dachboden in der deutschen Wohnung seiner Schwester nutzte und somit einen Wohnsitz begründete oder der Fall eines ausschliesslich in der Schweiz wohnhaften pauschalbesteuerten Sängers, der seine erfolgreiche Deutschland-Tournee mehrfach verlängerte und somit einen gewöhnlichen Aufenthalt etablierte.
Ansässigkeitsfragen sind auch in anderen Ländern ein grosses Thema. So etwa in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo Staatsbürger und Niedergelassene (Green-Card-Holder) stets unbeschränkt steuerpflichtig sind, selbst wenn sie vollzeitig im Ausland hausen. Übrige Aufenthalter, sog. Non-Immigrants mit entsprechenden Visa, haben ihre „tax residency“ jährlich über der sog. substantial presence test zu verifizieren. Die unbeschränkte Steuerpflicht ist immer gegeben, wenn sich diese Personen in einem Steuerjahr mehr als 183 Tage auf US-Boden aufhalten. Bei einem kürzeren Aufenthalt werden zur Bestimmung der umfassenden Steuerzugehörigkeit in einem bestimmten Jahr auch die Aufenthaltstage des Vorjahres (gewichtet mit einem Drittel) sowie des Vorvorjahres (gewichtet mit einem Sechstel) berücksichtigt. Liegt die so errechnete Addition der drei Jahren über 183, dann resultiert die volle Steuerpflicht in der laufenden Periode. Wer sich in jedem Jahr weniger als 121 Tage in den USA aufhält, kann als Nichtimmigrant langfristig der umfassenden Steuerpflicht entgehen. Entsteht durch die Rechenübung eine substanzielle Präsenz, übersteigt aber der Aufenthalt in einem Jahr die 183 Tage nicht, dann können Betroffene eine closer connection extemption geltend machen, sofern der Nachweis gelingt, dass zu einem ausländischen Lande engere Verbindungen (Familie, Arbeit, Vermögen Grundbesitz, etc.) bestehen.
Einen noch komplexeren Ansatz zur Ansässigkeitsbestimmung kennt seit 2013 Grossbritannien. Zur Anwendung kommt ein Statutory Residence Test (SRT), der aus dem Automatic Overseas Test, dem Automatic Residence Test und schließlich dem Sufficient Ties Test besteht. Geprüft werden vorerst die Anwesenheitstage, eine Präsenz von über 183 Tagen im Steuerjahr, dass jeweils am 5. April endet, begründet immer die volle Steuerpflicht. Bei kürzeren Aufenthalten fliessen weitere Determinanten in die Abwägung ein, so z.B. die Anwesenheiten in den drei Vorperioden, das Vorhandensein eines Auslandsarbeitsplatzes, die Nutzung von inländischen Wohnstätten und/oder von Auslandsimmobilien, Beziehungen zu inländischen Ehegatten oder common law partnern, etc. Britische Steuerberater bedienen sich eindrücklicher Chart-Darstellungen, um die Zusammenhänge zu präsentieren. Ihre Klienten sind einerseits Personen, die der unbeschränkten Steuerpflicht durch Auslandsaufenthalte entkommen wollen, andererseits Ausländer, die eben diese tax residency (mit möglichst geringem UK-Aufenthalt) suchen, um dann von der remittance base taxation, dem weltweit erfolgreichsten Modell einer Vorzugsbesteuerung, zu profitieren.
Etwas einfacher sind die Regeln in gefragten europäischen Auswanderungsländern. Frankreich besteuert prinzipiell voll, wenn die Hauptwohnstätte, die Ersterwerbstätigkeit oder der Mittelpunkt der wirtschaftlichen Interessen auf dortigem Boden identifiziert sind. Eine ähnliche Handhabung ist in Italien und in Spanien festzustellen, Länder, die zusätzlich auch eine 83-Tage-Aufenthaltsfrist heranziehen. In Italien ist für die volle Pflicht ein Aufenthalt von über einem halben Jahr und gleichzeitig die einwohneramtliche Anmeldung erforderlich. In Spanien reicht die alleinige Präsenz, ungeachtet sporadischer Abwesenheiten, an mindestens 183 Tagen während des Kalenderjahrs aus.
Die 183-Tage bilden in etlichen weiteren europäischen Ländern (z.B. Portugal, Griechenland oder Österreich) sowie überdies in vielen asiatischen, lateinamerikanischen und afrikanischen Staaten den entscheidenden «tax trigger». Die Halbjahresfrist bezieht sich meistens auf ein Kalenderjahr (bzw. Steuerperiode), diverse Steuerhoheiten berücksichtigen die 183 Tage auch auf jegliche beliebige Zwölfmonatsperiode. Auch gibt es Länder, welche die kumulierten Aufenthaltsdauern der Vergangenheit (bis zu fünf Jahren zurück) gewichten.
Manchmal sind aber auch weitere Faktoren subsidiär ausschlaggebende, so mitunter die Art der Aufenthaltsbewilligung, die Nationalität, der inländische Wohnort eines Ehegatten, die Anstellung für ein in- oder ausländisches Gemeinwesen oder ein verpönten Alternativwohnsitz in Steueroasen
Wer längere Zeit in einem Land verbringt, einen Doppelwohnsitz führt oder gar permanent wegzieht, sollte sich die Ansässigkeitsdeterminanten der Destination sorgfältig vergegenwärtigen. International mobile Personen können rasch in zwei oder gar mehreren Ländern unbeschränkt steuerpflichtig werden, was zu potenziellen Doppelbesteuerungen führen kann. Zu deren Vermeidung helfen zwischenstaatliche Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Bitten zwei Staaten gleichzeitig unbeschränkt zur Steuerkasse, dann bestimmt sich die DBA-Ansässigkeit zumeist nach dem vierten Artikel der Vereinbarungen. Diese, überwiegend unverändert aus dem OECD-Musterabkommen übernommen, stellen Tie-Braker-Regelungen zur Bestimmung der abkommensbezogenen Ansässigkeit. Erstes Kriterium ist stets die Existenz einer ständigen Wohnstätte. Ist diese in beiden Ländern vorhanden, dann wird der Mittelpunkt der Lebensinteressen (der Ort, an dem die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen lokalisiert sind) entscheidend. Bleibt die Situation weiterhin unentschieden, dann kommen in der Reihenfolge der gewöhnliche Aufenthalt, die Staatsangehörigkeit und im Falle eines nochmaligen Patts eine Verständigungsvereinbarung zwischen den Behörden zum Tragen.
In Konstellationen mit Bezug auf Länder ohne DBA können bei mehrfacher Ansässigkeit konkurrierende unbeschränkte Steuerpflichten und somit echte Doppelbesteuerungen entstehen, auch wenn etliche Steuerhoheiten dann unilaterale Massnahmen zu deren Beseitigung (z.B. teilweise Anrechnung ausländischer Steuern) zur Anwendung bringen.
Von konkreter Bedeutung sind auch Start und Ende der unbeschränkten Steuerobliegenheiten. In vielen Ländern markiert die einwohnermeldeamtliche Anmeldung oder der erste Anwesenheitstag den Beginn der Steuerpflicht, sofern die Ansässigkeitserfordernisse für eine ganze Steuerperiode erfüllt sind.
Weitere Länder (z.B. Spanien oder Italien) mit der 183-Tage-Bedingung besteuern nur für das ganze Jahr oder dann gar nicht, so dass z.B. bei einem Zuzug im zweiten Halbjahr ohne Präsenz im ersten Semester gar einige Zeiten der Steuerfreiheit winken (lokale beschränkte Steuerpflichten vorbehalten). Diverse Länder dieser Kategorie sehen aber in einigen ihrer DBAs ein ausdrückliches, abkommenspezifisches spilt year treatment vor, so dass wiederum ab Anwesenheit besteuert wird.
Unkenntnis über diese Regelungen hat schon etliche Auswanderer verärgert, vor allem, wenn geschicktes Wegzugstiming (auch erhebliche, wie bzw. bei der Besteuerung von Abfindungen oder Vorsorgeleistungen) Zusatzlasten vermeiden hätte lassen können. Eine propere Wegzugsplanung ist schliesslich stets angezeigt, um Ärger mit Behörden auszuschliessen. Das Führen eines Kalendariums zu Anwesenheitstagen oder das Belegen von Lebenssituationen, die Steuervorteile bescheren könnten, gehören zum Beispiel dazu.