Dauerreisen im Check
Perpetual Traveler
Immer häufiger registriert EMIGRATION NOW Wünsche nach Unterstützung durch Auswanderer, die sich in verschiedenen Ländern unserer Erde aufhalten werden und dabei nirgends einen festen Wohnsitz begründen möchten. Es handelt sich hierbei einerseits um Personen mit mehreren ausländischen Domizilen, die turnusgemäss genutzt werden, sowie andererseits um Dauerreisende, die über Jahre (z.B. per Flugzeug, Segelschiff, Yacht, Wohnmobil) die Welt bereisen. Zudem sind auch mobile und vermögende Interessenten zu erwähnen, die aus steuerlichen Gründen ihren Lebensstil derart anpassen möchten, dass Einkommens- und Vermögenssteuerlasten minimiert werden.
Aus der Warte der direkten Besteuerung ist ihre Idee bestechend einfach: Durch Dauerreisen unter Berücksichtigung der Steuerpflichtregeln der Aufenthaltsorte jegliche unbeschränkte Steuerpflicht vermeiden. So sehen z.B. manche Steuerhoheiten, zum Teil selbst bei eigengenutztem Immobilienbesitz, eine Steuerpflicht erst ab einem Aufenthalt von 183 Tagen (je nach dem: aufeinanderfolgend – je Kalenderjahr – jahresübergreifend – über zeitlich gewichtete Berechnungen) vor. Wer z.B. den Frühling in den USA, den Sommer in der Schweiz, den Herbst in Italien und den Winter in der Karibik als Tourist verbringt und nirgends resident ist, kann allen unbeschränkten Steuerpflichten entgehen. Dieser (inoffizielle) Status des sog. Perpetual Traveler wäre für nicht erwerbstätige Privatiers unter Umständen realisierbar, bedarf aber sorgfältiger Vorabklärungen und ist darüber hinaus im Einzelfall stets gegenüber einer ständigen Wohnsitznahme abzuwägen.
Hierbei ist auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtes zu berücksichtigen. So verlangt etwa das Urteil 2C-614/2011 vom 4. Mai 2012 (Erläuterungen dazu weiter unten auf dieser Seite), dass ein einmal begründeter Wohnsitz unabhängig von Abmeldung und tatsächlichem Wegzug grundsätzlich bis zum Erwerb eines neuen bestehen bleibt, mit der Folge, dass die schweizerische Steuerpflicht weiter Bestand haben kann.
In einer Gesamtschau sind auch die remanenten Beziehungen zur Schweiz (z.B. Familienangehörige; Besitz von eigenen Wohnstätten, die für Kurzaufenthalte oder Ferien freigehalten werden; Geschäftsverbindungen; Versicherungen) bei der Loslösung aus der Schweiz zu berücksichtigen. Ebenso sind schliesslich alle relevanten steuer- und ausländerrechtlichen Bestimmungen der Aufenthaltsländer zu vergegenwärtigen.
Daher bedingen Dauerreisevorhaben eine umfassende Vorbereitung, eine zweckorientierte Vorhabensaufgleisung und zuweilen auch penible Beweisvorsorge, da bei Streitigkeiten die dokumentierten Verhältnisse des Einzelfalles für deren Erledigung ausschlaggebend sein können.
Schliesslich haben Perpetual Traveler auch für eine Reihe von aussersteuerlichen Sachverhalten Lösungen zu finden, die je nach Einzelsituation u.U. akrobatische Massnahmen nach sich ziehen. Hierzu eine Auswahl von Fragen, die an Orientierungsgesprächen regelmässig fallen: Wie sind Bankverbindungen zu gestalten und Bankgeschäfte zu tätigen? Welche Kredit- und Debitkarten lassen sich einsetzen? Kann die Barauszahlung von Vorsorgekapital veranlasst werden? Was ist bei Renten zu beachten? Welche grundsätzlichen Vorsorgemassnahmen sind zu treffen, wenn ein Beitritt zur freiwilligen AHV aufgrund des fehlenden Wohnsitzes und ohne Immatrikulation verunmöglicht wird? Wo wird der helvetische Pass verlängert? Was geschieht bei Passverlust? Wo werden Fahrzeuge eingelöst und wie werden diese versichert? Wie lässt sich eine Privathaftpflichtversicherung abschliessen?
Für diese und weitere Fragestellungen kann es durchaus Lösungen geben. Vielfach können aber Kosten-/Nutzenabwägungen oder praktische Erwägungen dazu führen, dass trotz eines Dauerreisevorhabens ein (steuergünstiger) Hauptwohnsitz im Ausland etabliert wird. Hierzu kann Emigration Now in allen Kontinenten Länder vorschlagen, in denen Perpetual Traveler bei treffender Gestaltung keine oder nur geringe Einkommens- und Vermögenssteuern zu entrichten haben. Freilich sollten dazu u.a. die jeweiligen Einwanderungshürden sowie die Lebenshaltungskosten mitberücksichtigt werden. Unsere Experten für Perpetual Traveler und internationale Standortvergleiche können im Rahmen Möglichkeiten erörtern und Umsetzungslösungen präsentieren.
Im oben erwähnten Entscheid 2C-614/2011 vom 4. Mai 2012 hat das Bundesgericht die steuerliche Position eines Seglers beurteilt, der die Schweiz Richtung Weltmeere verliess und keine Absicht mehr hatte, in die Schweiz zurück zu kehren. In der Schweiz verblieben indes Ehegattin (die er sporadisch besuchte, ebenso wie weitere Verwandte), Grundbesitz, die Krankenversicherung sowie Bankverbindungen. Die steuerrechtliche Ausgangslage schien klar: Gemäss Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) sind natürliche Personen aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz haben. Einen solchen Wohnsitz hat eine Person, wenn sie sich hier mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält oder wenn ihr das Bundesrecht hier einen besonderen gesetzlichen Wohnsitz zuweist (Art. 3 Abs. 2 DBG).
Einen steuerrechtlichen Aufenthalt in der Schweiz hat eine Person, wenn sie ungeachtet vorübergehender Unterbrechung während mindestens 30 Tagen in der Schweiz verweilt und eine Erwerbstätigkeit ausübt oder ohne Erwerbstätigkeit während mindestens 90 Tagen hier verweilt (Art. 3 Abs. 3 DBG). Gemäss Art. 8 Abs. 2 DBG endet die Steuerpflicht in der Schweiz u.a. mit dem Wegzug des Steuerpflichtigen aus der Schweiz. Der Segler wäre also gemäss diesen Vorschriften in der Schweiz nicht in der unbeschränkten Steuerpflicht verblieben. Doch das Bundesgericht zog in der erwähnten Causa der Wohnsitzbegriff nach Art. 24 Abs. 1 Zivilgesetzbuch („Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bestehen bis zum Erwerbe eines neuen Wohnsitzes“) in die Betrachtung und argumentierte, dass es auch für eine Wohnsitzverlegung ins Aus-land nicht ge¬nügt, die Verbindungen zum bisherigen Wohnsitz zu lösen. Entscheidend sei vielmehr, dass nach den ge¬samten Umständen ein neuer Wohnsitz begründet worden ist. Ein einmal begründeter Wohnsitz bleibt unabhängig von Abmeldung und Wegzug grundsätzlich bis zum Erwerb ei-nes neuen bestehen (sog. rémanence du domicile), so dass zwischenzeitlich die schweizerische Steuerpflicht weiter bestehen bleibt, denn „eine andere Sichtweise würde eine zu grosse Missbrauchsgefahr nach sich ziehen“.
Die – von der Vorinstanz gestützten – Einwendungen der Kontrahenten der Steuerverwaltung stachen nicht mehr. Sie brachten vor, dass die Anknüpfung an einen fiktiven Wohnsitz im Steuerrecht nicht vorgesehen sei, so dass die Aufrechterhaltung der Steuerpflicht trotz Aufgabe des Wohnsitzes aufgrund des im Steuerrecht streng gehandhabten Legalitätsprinzips eine Konkretisierung auf steuergesetzlicher Stufe erfordern würde. Ohne ausdrücklichen Gesetzesverweis auf Art. 24 ZGB sei eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung zumindest fraglich. Grundsätzlich sei allein der faktische Wohnsitz massgebend bzw. darauf abzustellen, ob eine Verlagerung des Mittelpunkts der persönlichen Lebensinteressen von der Schweiz ins Ausland stattgefunden habe. Doch stellte das Bundesgericht hierzu fest: „Obschon das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer – anders als noch Art. 4 Abs. 1 des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer (in Kraft bis Ende 1994) – zur Umschreibung des steuerlichen Wohnsitzes nicht mehr ausdrücklich auf das Zivilgesetzbuch verweist, hat sich der rechtliche Gehalt dieses Begriffs nicht verändert und lehnt sich weitgehend an den Wohnsitzbegriff des ZGB an“. Auch sei das Legalitätsprinzip des Steuerrechts dank Art. 3 Abs. 2 DBG gewahrt. Zudem sei Art. 24 ZGB die positivrechtliche Verankerung des Grundsatzes der Notwendigkeit eines Wohnsitzes einer natürlichen Person. Jede Person soll prinzipiell einem Wohnsitz zugeordnet werden. Niemand soll sich einer Rechtswirkung durch die Einrede entziehen, er habe nirgends Wohnsitz.
Diese mit einer 3:2-Mehrheit gefällte Entscheidung, die wir in keiner Weise nachvollziehen und teilen können (wer in der Schweiz weder Lebensmittelpunkt noch gewöhnlicher Aufenthalt hat und dem Alpenland tatsächlich fern bleibt, sollte nicht zur Steuerkasse gebeten werden), wird manchen Dauerreisenden mit vormaliger Steuerpflicht Unannehmlichkeiten bescheren. Im beurteilten Falle wurde schliesslich dem Segler, der bei der Abmeldung provozierend „Weltenbummler“ als neue Adresse angegeben hatte, auch sein aufrechterhaltener Bezug zur Heimat (intakte Ehe, jederzeit zugängliche Wohnung, Besuche, finanzielle Beziehungen) als präjudizierend angelastet.