Unter Umständen können Arbeitnehmer, welche im Ausland für einen schweizerischen Arbeitgeber tätig sind, die obligatorische Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), die Invalidenversicherung (IV), die Deckungen gemäss Erwerbsersatzordnung (EO) und die Arbeitslosenversicherung (ALV) weiterführen. Darauf gestützt können dann freiwillig die berufliche Vorsorge nach BVG, auf 2 bis 6 Jahre befristet die Unfallversicherung und die Krankenversicherung nach KVG sowie evtl. Familienzulagen weiter beansprucht werden. Die Kontinuität AHV/IV/EO/ALV kann auf Antrag innerhalb von sechs Monaten ab Erfüllung der Voraussetzungen für deren Weiterführung erlangt werden. Die Bedingungen lauten:
1. Erwerbsausübung im Ausland, basierend auf einem Arbeitsverhältnis zu einem schweizerischen Arbeitgeber (CH-Arbeitsvertrag), der die Sozialversicherungsabgaben abrechnet, auch auf eventuelle Teilvergütungen, die via Ausland (z.B. von Tochter- oder Schwestergesellschaften) fliessen
2. Schriftliches Einverständnis Arbeitgeber und Arbeitnehmer
3. Vorversicherung während mindestens fünf Jahren in der obligatorischen oder freiwilligen AHV/IV
Die Weiterführung der ersten Säule der schweizerischen Sozialversicherung kennt keine Nationalitätsrestriktionen und wird zumeist von Personen beansprucht, die in sog. Nichtvertragsstaaten tätig werden. Es sind dies Länder, die keinerlei Sozialversicherungsabkommen mit der Schweiz führen. Sie tangieren also grossmehrheitlich nicht Angestellte, die im EU/EFTA-Raum sowie in den Ländern, mit denen die Schweiz bilaterale Sozialversicherungsabkommen führt (namentlich Australien, Bosnien und Herzegowina, Brasilien, Chile, Israel, Japan, Kanada einschliesslich Quebec, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Philippinen, Republik San Marino, Serbien, Südkorea, Türkei, Uruguay, USA und das Vereinigte Königreich sowie limitiert China, Indien und Südkorea) arbeitstätig sind. Für diese Wirtschaftsräume und Länder gelten eigene Sozialversicherunterstellungsregelungen (z.B. für EU/EFTA-Gefilde die berühmte EG-Direktive 883/2004), die dazu führen können, dass bei einer Weiterführung des CH-Obligatoriums teure und wenig sinnige Doppeldeckungen entstehen.
Das System der Weiterführung wurde schweizerischerseits geschaffen, um Arbeitnehmern, die in Ländern mit keiner, dürftiger oder ungenügender Sozialversicherung arbeiten, eine ansprechende Deckung zu ermöglichen. Daher ist bei einem Arbeitseinsatz in Nichtvertragsstaaten stets das Regelwerk der lokalen Sozialversicherung (z.B. Obligatorien, Deckungen, Leistungen, Anzahl erforderlicher Versicherungsjahre, Ausschlüsse, etc.) vorab zu prüfen. In der Praxis kommt die Weiterführung des CH-Obligatoriums vorab bei Einsätzen in Schwellen- und Drittweltländer oder in Nationen, die nur eigene Staatsbürger (z.B. viele arabische Länder) decken, in Frage. Auch wird sie ausländischen hohe-office-Konstellationen und zunehmend von sog. Digital Nomads, die in immer mehr Länder einfache Arbeitsbewilligungen (aber keine soziale Absicherung) erhalten, in Erwägung gezogen.
Gerne erörtern wir insbesondere für Angestellte von KMUs Fälle der Weiterführung der obligatorischen AHV/IV im Detail. Zur Sprache können in etwa folgende Aspekte kommen: Anträge via kantonale Ausgleichskasse (Papier, ALPS), Antragstellungsfristen, Prozeduren, Befristungen, Ausstieg/Auflösung, Abdeckung von nichterwerbstätigen Familienangehörigen, eventuelle Doppelbelastungen/Doppelversicherungen, private Vorsorgealternativen, Leistungen im Ausland (z.B. maximale Deckung durch Krankenversicherungen nach KVG), Abgrenzung zur freiwilligen AHV, Erwägung und Implikationen der Aufrechterhaltung des schweizerischen Wohnsitzes bei Arbeitseinsätzen in Nichtvertragsstaaten, uvm.