Schweizerische Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, haben aufgrund ihrer Nationalität häufig die Möglichkeit, das Erbrecht ihrer Staatsbürgerschaft zu wählen, so etwa gestützt auf Regelungen des internationalen Privatrechts der Wegzugsdestination oder auf zwischenstaatliche Vereinbarungen. Besonders geläufig und viele helvetische Auswanderer tangierend ist beispielsweise die Erbrechtswahl, die seit August 2015 gestützt auf die EU-Erbrechtsverordnung in den meisten Unionsländern möglich wurde. Schweizer mit Auslandswohnsitz oder in der Schweiz lebende Ausländer, die explizit für ein bestimmtes Erbrecht optieren können, können demzufolge das schweizerische Erbrecht mit dem Erbrecht des Wohnsitzstaates (oder u.U. jenem Recht einer weiteren Staatsbürgerschaft) vergleichen und aufgrund ihrer individuellen Situation die vorteilhaftere Variante wählen.
Erfasst werden müssen Aspekte wie zum Beispiel gesetzliche Erbfolge, Pflichtteile, Testamente, Erbverträge, Vermächtnisse, Teilungsvorschriften, Auflagen und Bedingungen, Enterbungen, lebzeitige Schenkungen und steuerliche Implikationen: Eine, ausser in simplen Familien- und/oder Vermögensverhältnissen oder in Ländern mit vergleichsweise unkompliziertem Erbrecht, häufig sehr komplexe Angelegenheit. Emigration Now sensibilisert bereits in Orientierungsgesprächen zur Thematik, nennt grundlegende Regulierungsunterschiede und mögliche Gestaltungsmöglichkeiten. Für deren Vertiefung und Umsetzung ist in vielen Fällen (vor allem bei komplexeren Ausgangslagen) aber die Konsultation von Spezialisten, die sich ausschliesslich mit der Materie auseinandersetzen, in der Regel Fachanwälte. Emigration Now kann für die wichtigsten Auswanderungsdestinationen entsprechende Empfehlungen aussprechen.
Erschwerend kommt hinzu, dass manche Erbrechte von Zeit zu Zeit modifiziert werden. Bezüglich der eingangs erwähnten Rechtswahl pro oder kontra Schweizer Erbrecht entsteht eventuell gerade zurzeit Handlungsbedarf, denn anfangs 2023 tritt in der Schweiz ein revidiertes Erbrecht in Kraft. Die Neuerungen lassen die gesetzlichen Erbquoten (Aufteilung ohne letztwillige Verfügung bzw. ohne Testament) unverändert, regelt aber die Pflichtteile neu. Diese erfahren eine begrüssenswerte Reduktion, die künftigen Erblassern mehr Dispositionsfreiheit einräumen. Wichtigste Änderungen sind die Reduktion der Pflichteile der Kinder von 3/8 auf 1/4 sowie die Abschaffung der Pflichtteile für Eltern. Hieraus resultiert für Erblasser in jeder Situation eine freie, via Testament oder Erbvertrag disponierbare Quote von mindestens 50% des Nachlassvermögens. Die Neufassung des Erbrechts begünstigt speziell neue Familienformen. Geschiedene können neuen Lebenspartnern selbst bei der Existenz von Kindern deutlich mehr widmen. Ebenso dürfen sich neu kinderlose Konkubinatspaare voll begünstigen, da die Pflichtteile der Eltern nicht mehr wirken. Auch können kinderlose Unverheiratete nunmehr frei verfügen.
Weitere Novitäten betreffen ein grundsätzliches Schenkungsverbot nach Abfassung eines Erbvertrages sowie die explizite Bestätigung, dass Guthaben bei der Vorsorgesäule 3a nicht in den Nachlass gehören (indes werden diese Mittel zur Pflichtteilermittlung herangezogen). Ebenfalls wird der Verlust des Pflichtteilanspruchs in einer hängigen Scheidung (bei einvernehmlicher Veranlassung oder aufgrund einer Klage zwei Jahre vor dem Todesfall) zementiert. Das revidierte Erbrecht berücksichtigt Aspekte der Unternehmensnachfolge, etwa die angedachte Stundung der Pflichteile der Miterben von Unternehmensnachfolger, noch nicht. Entsprechende Vorschläge der Regierung dürften 2022 behandelt werden.
Personen mit Schweizer Wohnsitz sei empfohlen, empfohlen, bestehende Testamente oder Erbverträge an die neuen Regelungen anzupassen. Ebenso sind getroffene Erbrechtswahlen CH/Ausland allenfalls neu zu beurteilen. Auch haben Auswanderer, die 2022 bzw. 2023 oder später die Schweiz verlassen, die jetzigen und die neuen Regelungen in ihre Kalküle einzubeziehen.