Bei Wohnsitzverlagerungen aus der Schweiz nach Deutschland geben sich Zuwanderer und Rückkehrer stets erstaunt über die Höhe der deutschen Erbschaftsteuerbelastungen, freilich umso mehr, wie begüterter sie sind. Regelmässig werden vor dem Umzug Gestaltungen gesucht, welche künftige Belastungen lindern können, speziell wenn die Erben in spe nicht in Deutschland ansässig sind. So werden Vermögenswerte noch bei schweizerischem Wohnsitz geschenkt, allenfalls über Übertragungen mit Nutzneissung und unter Berücksichtigung der möglich nachwirkenden Erbrechte. Dabei erhält das geltende Erbschaftsteuer-Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz (Erb-DBA) zuweilen spezielle Relevanz, insbesondere für Personen mit helvetischer Staatsbürgerschaft.
In Deutschland greift der Fiskus auf den Erwerb von Vermögen durch Erbschaft (und Schenkung) nach dem Weltvermögensprinzip zu, namentlich immer dann, wenn Erblasser in Deutschland ansässig waren oder Erbnehmer ebendort unbeschränkt steuerpflichtig sind (sind dagegen sowohl Erblasser als Erbnehmer im Ausland ansässig, dann resultiert eine auf deutsches Vermögen beschränkte Steuerpflicht). Dieser Grundsatz wird aber dank dem Erb-DBA in Spezialfällen durchbrochen. Angesprochen sind die speziellen Bestimmungen zum sog. Schweizer Heimatvermögen (unbewegliche Vermögen wie z.B. selbstgenutzte oder vermietete Immobilien, Grundstücke, Betriebstättenvermögen und u.U. gar Flugzeuge und Schiffe, etc.), das in Deutschland u.U. eine Erbschaftsteuerbefreiung (mit Progressionsvorbehalt) erfährt, wenn Erblasser schweizerischer Nationalität oder in der Schweiz wohnhaft waren.
Aus den Abkommensartikeln resultieren insbesondere drei für betroffene Erben vorteilhafte Fälle, die in folgenden Beispielen dargelegt sind: A. Eine Person schweizerischer Nationalität mit Wohnsitz in Deutschland verstirbt und hinterlässt diverse in der Schweiz belegene Immobilien an in Deutschland ansässigen Erben. Die Übertragung erfolgt gemäß Erb-DBA frei von deutschen Erbschaftssteuern, unabhängig davon, welche Nationalität die Erben besitzen. Dasselbe gilt auch, wenn die Erben in der Schweiz oder anderswo im Ausland ansässig sind. Das CH-Erbe kann aber satzbestimmend auf übriges BRD-Erbschaftssteuersubstrat herangezogen werden. — B. Ein Schweizer mit schweizerischem Wohnsitz verstirbt und hinterlässt in der Schweiz belegenes Grundvermögen an in Deutschland wohnhafte Erben (mit beliebiger Nationalität). Auch in diesem Falle darf Deutschland nicht belasten — C. Ein Schweizer mit schweizerischem Wohnsitz verstirbt und hinterlässt in der Schweiz belegene Immobilien sowie übriges Vermögen (z.B. Beteiligungen, Wertpapiere, Bankguthaben, etc.) an in Deutschland ansässige Erben mit schweizerischer Nationalität. Das gesamte übertragene Heimatvermögen bleibt in diesem Falle von deutschen Erbschaftssteuern unberührt.
Die Normen zum helvetischen Heimatvermögen können darüber hinaus noch in weiteren partikulären Situationen (z.B. in bestimmten Fällen Entschärfung der überdachenden Erbschaftsbesteuerung nach einem Wegzug in die Schweiz oder etwa bei Zwischenschaltung von CH-Gesellschaften um indirekt deutsches Vermögen steuerbefreit zu vererben) vorteilhaft greifen. Die Regelungen und deren Zusammenspiel mit weiteren Determinanten der Nachlassplanung sind komplex und verlangen in gewichtigeren Fällen nach versierter Beratung, die von (wenigen) Spezialisten angeboten wird. Wichtig ist auch, dass das Erb-DBA Schenkungen unberücksichtigt lässt, so dass bei Übertragungen zu Lebzeiten der deutsche Fiskus voll zugreifen kann, was die Nachlassplanung entscheidend beeinflussen kann. Von Bedeutung ist es schliesslich, dass die Wohnsitzbegriffe im Sinne des deutschen und des schweizerischen Erbschaftssteuerrechts in Doppelwohnsitzsituationen zu differierenden Ansässigkeitsbestimmungen führen können, als aus dem herkömmlichen DBA zu Einkommen und Vermögen bekannt.