Die schweizerische Regierung erwartet für die nächsten Jahre ein strukturelles Defizit von jährlich über drei Milliarden Franken, speziell mitverursacht durch Mehrausgaben für Armee und AHV. Um dieses Ungleichgewicht ins Lot zu bringen, soll gespart und eventuell mehr eingenommen werden. Eine Expertengruppe hat zu Händen des Bundesrats hierzu eine Fülle von Vorschlägen formuliert:
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Hieraus wollen wir an dieser Stelle eine potenzielle Massnahme betonen, die (neben der ebenfalls vorgeschlagenen Einführung einer Bundessteuer auf privaten Grundstückgewinnen) durchaus das Potential hat, Wohnsitzverlagerungen ins Ausland zu begünstigen. Die Expertengruppe will nämlich der derzeitigen steuerlichen Begünstigung von Kapitalbezügen aus der zweiten und dritten Säule des schweizerischen Vorsorgesystems teilweise an den Kragen gehen.
Aktuell können Beiträge an die anerkannten Einrichtungen der Altersvorsorge vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Die Beiträge akkumulieren sich in einer Ansparphase steuerfrei und werden schliesslich bei der Auszahlung als Rente oder Kapital steuerlich belastet. Während Renten bei schweizerischer Ansässigkeit auch für den Bund voll einkommensteuerpflichtig sind, werden Kapitalbezüge aus den Säulen 2a, 2b und 3a bei der direkten Bundessteuer zu einem Fünftel der ordentlichen Tarife privilegiert besteuert. Dieser vergünstigte Satz sei indes – so die Expertengruppe – „so tief gewählt, dass für hohe Einkommen und hohe Alterskapitalien eine deutliche Begünstigung des Kapitalbezugs gegenüber des Rentenbezugs resultiert“. Entsprechend fordert die Expertengruppe eine zumindest partielle Angleichung der steuerlichen Belastung von Kapitalleistungen und Renten, und zwar mit Nachdruck, weil „die Regelung weder steuersystematisch gerechtfertigt, noch ist sie im Sinne einer ausserfiskalischen Massnahme verhältnismässig ist“. Affaire à suivre, also (Anmerkung vom 4. November 2024: Die Modalitäten der künftigen steuerlichen Behandlung von Kapitalbezügen aus der 2. und 3. Säule werden vom Bundesrat voraussichtlich Ende Januar 2025 mit der Vernehmlassungsvorlage „Aufgaben- und Subventionsüberprüfung“ präsentiert).
Eine Erhöhung der Bundessteuer auf Kapitalbezüge dürfte auch zu Anpassungen bei den kantonalen (und folglich auch kommunalen) Belastungen sowie bei der Quellensteuer bei Kapitalbezügen ex Ausland führen. Für Auswanderer würde der Wegzug in Länder, die Kapitalbezüge nicht oder nur milde belasten und deren Doppelbesteuerungsabkommen eine Rückerstattung der Quellensteuer ermöglichen, vergleichsweise attraktiver. Jene Wegzügler, die hingegen die Quellensteuer nicht zurückfordern können (z.B. aufgrund von expliziten DBA-Bestimmungen oder häufig bei letztem Arbeitsverhältnis mit einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber) hätten hingegen mit höheren Abgaben zu rechnen.
Im heutigen Belastungsgefüge können privatrechtliche Vorsorgeleistungen in Kapitalform speziell bei höheren Guthaben in etlichen Ländern teils markant steuergünstiger als bei einem Verbleib in der Schweiz vereinnahmt werden. In wenigen Ländern (so z.B. Malaysia, Philippinen, Georgien, Thailand, u.U. Deutschland) resultieren nach Rückerstattung der geleisteten Quellensteuern gar Nullbelastungen. Bei Wohnsitz in einigen Dutzend weiteren Ländern beträgt die Endbelastung für Auszahlungen ab ca. 770‘000 CHF korrekt geplant selbst ohne gestaffelten Bezug maximal 4,8% bzw. weniger, häufig im Bereiche 2%-4%, bei unter diesem Wert liegenden Kapitalbezügen. Weitere Länder besteuern die Auszahlungen mit gnädigen Einheitssteuersätzen (z.B. Italien mit 5%). Emigration Now kennt bezüglich BVG-Kapitalauszahlungen die Besteuerungsbedingungen aller gängigsten Auswanderungsländer und kann entsprechende Steuerplanungsmöglichkeiten aufzeigen. Sicher ist, dass eine allfällige CH-Steuererhöhung die relative Anzugskraft der steuergünstigen Wegzugsdestinationen aufwerten würde.
Übrigens: Im Sparpaket der Expertengruppe sind auch die Auslandschweizer angepeilt. So soll eine Kürzung der Beiträge für Auslandschweizerbeziehungen um 10% erfolgen, wobei eine Streichung der Subventionen an den Verein educationsuisse (Dachorganisation der vom Bund anerkannten Schweizerschulen im Ausland) sowie an die Stiftung Platz der Auslandschweizer (Netzwerk für Auslandschweizer) empfohlen wurde.